Besser Deutsch zu schreiben, so wie wir's ja sollten, ist wie bei komplexen Fragestellungen üblich, auf den ersten Blick mal eine unlösbare Aufgabe. Denn so, wie wir schreiben, entspricht's ja unserem Wissensstand.
Wüssten wir, wie "besseres" Deutsch funktioniert, würden wir das ja auch schreiben.

Die Frage ist also, was "besseres" Deutsch ist.


Tatsächlich gibt's das im sprachlichen Sinne nämlich nicht, sehr wohl aber im sozialen Sinn.
Neue Frage also: Welche sozialen Kategorien, die sprachlich für uns relevant sind, gibt's?
Hier muss nochmal zwischen zwei Dingen unterschieden werden:

Dialekte und Subkultursprachen (sog. "Argots")

Dialekte sind tatsächliche Sprachvarianten, die von einer breiten, geographisch zuordenbaren Bevölkerungsschicht gesprochen werden, über eigenes Vokabular, Grammatik und Aussprache verfügen, und in den aller meisten Fällen historisch gewachsen sind, sprich, sie sind über relativ lange Zeiträume sprachlich stabil.

Subkultursprachen sind Sprachvarianten, die über eine kleine Sprecheranzahl verfügen, keine regionale sondern oft nur soziale Zusammenhänge verfügen, in der Regel über keine eigene Grammatik verfügen - die wird von einem Dialekt übernommen -, häufig aber im Vokabular abweichen. Der Zweck von Argots ist vor allem die Angrenzung der sozialen Gruppe gegen die Umwelt bzw. vor allem andere soziale Gruppen. Solche Sprachen sind in den meisten Fällen instabil, dh. ihre Ausdrücke und das Vokabular sind kurzlebig, verändern sich schnell und können auch verschwinden.
Klassische Beispiele für Argots sind Fachsprachen (zB Juristendeutsch), aber auch die Sprachvarianten innerhalb von Gruppen wie Schulklassen oder Arbeitsgruppen, die sich zB durch die Verwendung bestimmter Ausdrücke von anderen differenzieren.


 

Aber was ist nun "gutes" Deutsch?
Anerkannt als solches ist:

  • Amtsdeutsch / Juristendeutsch
  • Universitätsdeutsch (Bildungsdeutsch) - vor allem von der Philosophie geprägt
  • Literarisches Deutsch (Literatur und v.a. Feuilleton)
  • Diplomatendeutsch

Diese alle sind relativ nah am Hochdeutschen, weichen aber beim Einsatz der gemeinsamen Grammatik und dem Wortschatz voneinander ab. Vorsicht bei "Schönbrunnerdeutsch" - das ist ein klassischer Argot (oder, wegen der Kontinuität evtl Dialekt) und grammatikalisch nicht sehr nah am Hochdeutschen, also kein gutes Deutsch (wenn auch der Dialekt des altösterreichischen Adels).

Für die schriftliche Alltagssprache ist der beste Leitfaden das literarische Deutsch, da es eine breite Vielfalt an Vergleichsquellen und Vorlagen zum Abkupfern bietet, gleichzeitig aber die Einstiegshürde relativ niedrig (relativ zu den anderen jedenfalls).

Das manchmal angeführte Wirtschaftsdeutsch ist nicht die beste Wahl, da deren Ansprüche keine nachvollziehbare "Latte" legt, also keinen Standard bietet, an dem man sich gut orientieren könnte, auch wenn dieser Bereich sicher den häufigsten Einsatzfall darstellt.


 

So weit so gut.
Aber es geht ja ums verbessern. Dazu lässt sich das Ganze in vier Elemente gliedern:

  1. Grammatik
  2. Wortwahl
  3. Inhalt bzw. Ideenentwicklung
  4. Dramaturgie und formaler Aufbau

Jeder Bereich spielt für sich eine Rolle und muß einzeln angegangen werden.


Ad 1.: Grammatik

Wie schon erwähnt, weicht die die Grammatik der diversen Dialekte voneinander ab. Dh., dass die von uns als Gesprochene erlernte Grammatik anders ist als die, die in der Hochsprache verwendet wird.
Literarische Sprache verwendet hier den vollen Umfang der Grammatik, also inklusive aller ausgefallenen und seltenen Varianten, solange sie nur tatsächlich gültig sind. Da Literaten das durchaus bewusst tun - nicht zuletzt um zu zeigen, dass sie mehr von Sprache verstehen als ihre Leser - geht die Tendenz dahin, dass diese ausgefallenen Formen stark gehäuft auftreten, was wiederum zu Unverständnis führt, wenn jemand die grammatikalischen Grundlagen nicht so im Griff hat.
Daher: Grammatik lernen verstehen. Das ist die Grundlage.


Ad 2.: Wortwahl

Jeder Dialekt, jeder Argot, jede Subkultur und soziale Schicht hat ihr eigenes typisches Vokabular. Genauso haben wir alle eine ungefähre Vorstellung (oder besser: Erwartungshaltung) vom Vokabular von sozialen Entitäten, denen wir selbst nicht angehören.
Texte, die sich an eine bestimmte Leserschaft richten, werden automatisch mit dieser Erwartungshaltung eingschätzt und qualifiziert. Deckt sich die Wortwahl (und natürlich auch die Grammatik) mit der Erwartung, wird die damit verbundene Emotion, egal ob positiv oder negativ, auf den vorliegenden Text übertragen.
Im Falle von "gutem" Deutsch heisst das, das es notwendig ist, das Vokabular der Literaten zu kennen, was insofern nicht leicht ist, als dieselben auch hier einen Wettbewerb laufen zu haben scheinen, in dem es darum geht, wer die ausgefallenere Alltagswortwahl beherrscht. Sie versuchen also möglichst viele verschiedene Wörter zu kennen und möglichst keines zweimal zu verwenden.
Diese bedauerliche Tendenz lässt sich am besten durch Lesen, verbunden mit gleichzeitigem Mitschreiben unbekannter Vokabel beheben. Als Lesestoff bietet sich da vor allem das Feuilleton an.


 Ad 3.: Inhalt und Ideenentwicklung

Nicht jede Idee ist gut. Vor allem ist nicht jede erste Idee gut. Folglich sollte sich, abgesehen vom Üben an sich, irgendeine Methodik finden, die Bei der Ideengenerierung ansetzt und eine Qualitätsabschätzung beinhaltet.
Erfreulicherweise gibt's sowas, uns ich besprech's in entsprechenden Artikeln. (Die noch folgen werden)

Ad 4.: Dramaturgie und formaler Aufbau